Dekoloniale Perspektiven auf Territorialisierung rücken derzeit zunehmend ins Zentrum der kritischen Geographie. Lateinamerikanische Auseinandersetzungen und Begriffsbestimmungen, die sich aus indigenen, afro-lateinamerikanischen und feministischen Bewegungen ableiten, prägen die Debatte und lenken den Blick auf soziale Ungleichheit und Differenz.

Unser Beitrag nimmt Urbanisierung und ein relationales Verständnis von Territorium als Ausgangspunkt, um Territorialisierung als gesellschaftlichen Prozess zu verstehen. Dabei diskutieren wir die aktuelle Relevanz eines solchen relationalen sozioterritorialen Ansatzes für die Geographie mit Blick auf die empirische Forschung und urbane Theoriebildung. Gerade in der englisch- und deutschsprachigen Politischen Geographie werden De- und Reterritorialisierung oft als staatliches Handeln gerahmt. Auch die hier vorgeschlagenen dekolonialen Perspektiven interessieren sich für die räumliche Dimension von Machtverhältnissen, stellen dabei jedoch vor allem nichtstaatliche Aushandlungsprozesse und urbane Alltagspraktiken in den Mittelpunkt.

Ziel des Beitrags ist es, die epistemologische und empirische Bedeutung eines relationalen sozioterritorialen Ansatzes für eine post- und dekoloniale bzw. dezentrierte Wissensproduktion in den Stadt- und Raumwissenschaften herauszuarbeiten. Der Einsatz sozioterritorialer Konzepte in einer kritischen Stadtforschung fordert zudem eine sorgfältige Situierung von Begriffen sowie Auseinandersetzung mit ihrem jeweiligen historischen Gepäck.

Schwarz, Anke und Monika Streule (2023) Von Territorium zu Territorio: Land, Allmende und soziale Kämpfe in Mexiko-Stadt. In: Bauriedl, Sybille und Inken Carstensen-Egwuom (Hg.) Geographien der Kolonialität. Geschichten globaler Ungleichheitsverhältnisse der Gegenwart. transcript: Bielefeld, 269–285.